Scrolling oder Paging auf Webseiten - was ist besser?

Veröffentlicht am:
von Marcel Schmidt    3 Kommentare Webdesign

Wann sollte man Scrolling einsetzen und wann Paging?

1996 empfahl der Usability Papst Jakob Nielsen ausschließlich nicht scrollbare Webseiten. Nur 10 Prozent der Internetbesucher scrollten damals. Doch schon wenige Jahre später hatte sich das Nutzerverhalten geändert. Nun ergaben Untersuchungen, dass die User sehr wohl scrollten, auch wenn sie anderes behaupteten. Der Grund: In der Zwischenzeit hatten sich die Möglichkeiten verändert, Webseiten zu programmieren. Und – ganz wesentlich – die erste scrollbare Maus setzte an, denMarkt zu erobern. Ab dieser Zeit änderte sich das Webdesign grundlegend.

Und heute? Wie sollten moderne Webseiten heute gestaltet sein?

Zahlen und Fakten zum Thema Scrolling

Eye Tracking Studien belegen, dass der obere Teil von Webseiten am intensivsten betrachtet wird. Eine Heatmap Untersuchung von 100.000 Pageviews ergab, dass 76 % der User scrollen. 22 % von diesen scrollten sogar bis zum Seitenende, unabhängig von der Länge der Seite. Dennoch gilt unverändert: Die wichtigsten Informationen einer Webseite sollten im oberen Bereich angesiedelt sein.

Andere Analysen zeigen auf, dass Webseiten, die zum Scrollen animieren, durchaus erfolgreich sein können. Auch die Lesegeschwindigkeit ist erhöht bei Seiten, die mit Scrolling arbeiten. 97 Prozent aller User nutzen eine scrollbare Maus. Auch die Nutzung eines Touchpads oder Trackpads nimmt zu. Das erleichtert die Ausführung von Scrollingfunktionen. 

Auf Suchergebnisseiten empfinden Internetuser übrigens Scrolling wie Paging gleichermaßen angenehm. Es hängt also von dem Aufbau und dem Inhalt einer Webseite ab, ob man das eine oder andere präferiert. 

Bei verschiedenen Befragungen stellte man interessanterweise fest, dass die User entgegen ihrer Behauptung, nicht zu scrollen, dies sehr wohl taten. Studien, die tatsächliche Nutzerdaten auswerten, sind deshalb von besonderer Relevanz.

Die Vorteile einer nicht scrollbaren Startseite

Eine Untersuchung von eResult hat ergeben, dass kurze Startseiten eindeutig bevorzugt werden. Die meisten Internetuser sind lediglich dazu bereit, maximal 1,5 Scrollraddrehungen durchzuführen. Das entspricht der Länge von zwei Webseiten. Bei interessanten Inhalten und beim ungezielten Stöbern auf Produktseiten akzeptieren die User allerdings längeres Scrolling ohne Probleme. 

Marketingexperten und Webdesigner nutzen die Vorteile einer One Page Webseite auch für die gezielte Präsentation eines Produktes. Diese sogenannten Landingpages enthalten nur Informationen zu einem Thema. Der User wird also nicht abgelenkt. Werbung findet sich auf diesen Seiten nicht.

Die Revolution der Touchscreens

Bei Smartphones und Tablets erlebt das Blättern von Internetseiten eine Renaissance. Klicken muss der User dazu immer weniger. Ein Wischen oder eine Fingerbewegung reichen aus. HTML5, JavaScript, CSS3 und Flash bieten hervorragende Möglichkeiten, modernes Paging optisch attraktiv umzusetzen. Es existieren auch bereits Seiten, die parallel Paging und Scrolling erlauben. Ein Problem stellen allerdings Handys dar. Die kleinen Displays der Smartphones machen es schwer, den richtigen Link oder Button beim Klicken zu treffen. Wischfunktionen sind deshalb eindeutig im Vorteil.

Scrolling auf dem Touchpad

Berührungssensitive Bildschirme wie Touchpads oder Trackpads erlauben ein noch leichteres, schnelleres Scrolling. Die Bewegung erfolgt auch nicht mehr nur vertikal oder horizontal. Intuitive Bedienungsvarianten erleichtern es dem User, sich schnell auf der Webseite zurechtzufinden und interessante Informationen auf einen Blick herauszufiltern. Das angenehme Smoothscroll, das von Apple-Produkten her bekannt ist, findet zunehmend Anhänger. Google Chrome arbeitet bereits mit dem nachschwingenden Scrolling. Smoothscroll funktioniert mit Touchpads, mit der Maus und sogar mit den Pfeiltasten des Keyboards.

Scrolling für lange Webseiten

Mit modernen Mäusen wie der Magic Mouse oder dem Touchpad geht Scrolling leichter denn je. Die Hemmschwelle Scrolling existiert deshalb nicht mehr wie früher. Sind die Inhalte interessant genug, ist der User durchaus bereit, zu scrollen. Insbesondere Nachrichtenseiten, Blogs und große Webseiten wie Amazon arbeiten erfolgreich mit Scrollfunktionen. Hier kann der Besucher Inhalte schnell scannen und mit einer kurzen Fingerbewegung weitere Informationen aufrufen. Müsste er dazu jedes Mal klicken, würde er die Webseite sicher schneller verlassen. Scrolling ist also eine wichtige Funktion, will man umfangreiche Inhalte oder Rubriken schnell sichtbar machen.

Infinite Scrolling: Vor- und Nachteile am Beispiel Facebook

Facebook und Twitter setzen auf das Infinite Scrolling. Wenn man die Seite herunterscrollt, werden jedes Mal weitere Informationen nachgeladen. Der Vorteil: Der User wandert nicht so schnell ab, weil er weitere, relevante Informationen erhofft, die auf den ersten Blick nicht sichtbar waren.

Facebook Analysen und Google Studien belegen, dass User einseitige Inhaltsseiten bei großen Webseiten mit über 1000 Einträgen bevorzugen. Paging würde in diesem Fall die Konzentration des Users vom Inhalt weg auf die Bedienung verlagern. Seiten wie Facebook oder Pinterest, die unzählige Informationen, Produkte und Einträge in Form von Text, Bild und Videoenthalten, setzen deshalb auf Infinite Scrolling.

Der Nachteil: Bookmarking funktioniert ebenso wenig wie das direkte Springen zu bestimmten Informationen auf einerbestimmten Seite. Oft bemängelt wird auch, dass die Informationen im Footer häufig unerreichbar sind, da beim Scrollenimmer wieder neue Informationen nachladen. Der User kann das Ende der Webseite nicht absehen. Das erzeugt Frustration.

Fazit

Wenn der Inhalt einer Webseite relevant und aktuell genug ist, scrollt der User gerne nach unten. Auch optisch sollte die Seite implizieren, dass es unterhalb des sichtbaren Teils weiter geht. Nicht scrollbare Webseiten eignen sich besonders dafür, den Fokus auf ein bestimmtes Thema oder Produkt zu setzen. Als Landingpages sind sie im Marketing ausgesprochen erfolgreich.

Ein Gastbeitrag von Marcel Schmidt (Webdesign Leipzig).

 

     

    Kommentare (3)

    Matthias schrieb am

    Paging ist in meinem Augen eher eine Art von Betrug an den Werbekunden, da man mit der Zerteilung von Artikeln nur unnötige Pageimpressions generiert. Wenn die User sich ernsthaft für die Inhalte einer Seite interessieren, dann scollen diese auch ...

    Ulrich Zoeber schrieb am

    @Matthias: da bin ich Deiner Meinung. Ich mache es selbst ja auch nicht anders. Ausserdem ist es heutzutage auch nicht einfach, als Webseitenbetreiber von Seiten mit viel Content, diesen so darzustellen, dass jeder User zufrieden ist. Ich bin mit einem 24-Zoll-Monitor unterwegs, da sehe ich gleich recht viel, aber das ist wahrscheinlich bei den meisten anderen Usern nicht der Fall.

    Sebastian Schüssler schrieb am

    Gerade was das Thema Adminaufwand sowie für den Nutzer der Druck- und Downloadkomfort angeht liegen die Vorteile aus meiner Sicht doch nach wie vor beim Scrolling. Aber da gibt auch Umfragen bzw. Studien (z.B. von ARD und ZDF), die belegen, dass Scrolling nicht wirklich angesagt ist.

    « zurück zur Artikelübersicht